Landwirtschaftliche Praktikantinnen und Praktikanten
Nach Auskunft des Vereinigung Bäuerlicher Organisationen (VBO) waren im Berichtsjahr rund 65 landwirtschaftliche Praktikanten im Rahmen eines landwirtschaftlichen Berufsförderungsprogramms in rund 30 liechtensteinischen Landwirtschaftsbetrieben angestellt. Die Praktikantinnen und Praktikanten kommen vorwiegend aus Brasilien oder der Ukraine und bleiben in der Regel für ein bis maximal zwei Jahre in Liechtenstein. Sie werden vom VBO im Leistungsauftrag des Landes vermittelt. Ziel des landwirtschaftlichen Berufsförderungsprogramms ist die Aus- und Weiterbildung von Drittstaatangehörigen im landwirtschaftlichen Bereich auf einem Landwirtschaftsbetrieb in Liechtenstein, damit diese befähigt oder unterstützt werden, eine solche Tätigkeit in ihrem Heimat- oder Herkunftsland auszuüben. Die Rahmenbedingungen sind detailliert in Reglementen geregelt.
Allerdings gilt das Arbeitsgesetz nicht für diese Arbeits- und Ausbildungsverhältnisse. Der Normalarbeitsvertrag (NAV) von 1997 für landwirtschaftliche Praktikantinnen und Praktikanten sieht eine wöchentliche Arbeitszeit von bis zu 60 Stunden vor, mit der Möglichkeit, diese bei Bedarf um weitere 12 Stunden zu erhöhen. Diese Regelung steht jedoch in Kritik, da sie die von der EU-Richtlinie 2003/88/EG festgelegte Obergrenze von 48 Stunden überschreitet und somit nicht mit den europäischen Arbeitszeitvorgaben übereinstimmt. Auch wurden die Mindestlöhne im NAV seit 2006 nicht mehr angepasst, was zu Bedenken hinsichtlich der Angemessenheit der Vergütung führt. Praktikantinnen und Praktikanten sollen nicht als kostengünstige Arbeitskräfte eingesetzt werden, ohne dass ein ausreichender Ausbildungscharakter vorhanden ist.
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, sind von der VBO im Berichtsjahr verschiedene Massnahmen eingeleitet worden. In enger Zusammenarbeit mit dem zuständigen Ministerium und dem APA steht das Reglement über die Bewilligungserteilung an ausländische Praktikantinnen und Praktikanten im Rahmen des landwirtschaftlichen Berufsförderungsprogrammes in Überarbeitung. Gleichzeitig soll eine beratende Fachkommission Berufsbildung (Berufsförderungsprogramm) einberufen werden, welche vorberatend für den Vorstand der VBO die Ausbildung und Entwicklung aber auch die Überprüfung und Sicherstellung der Qualität des Berufsförderungsprogramms zur Aufgabe hat. Zusätzlich soll eine unabhängige Ombudsstelle eingerichtet werden, an die sich Praktikantinnen und Praktikanten sowie die Praktikumsbetriebe bei allfälligen rechtlichen Fragen oder Konflikten richten können. Dazu soll es ein Mediationsverfahren geben. Das Reglement soll nach Abschluss im Herbst 2025 veröffentlicht werden.
Für 2025 plant der VBO die Entwicklung einer Ausbildungsstruktur für die Praktikumsverhältnisse. Ausserdem sollen sämtliche Abläufe, Verträge, Betriebsprüfungen und Betriebsvereinbarungen überarbeitet werden, damit in Zukunft sichergestellt ist, dass das Berufsförderungsprogramm als Aus- und Weiterbildungsangebot gemäss Auftrag durch alle Parteien gut erfüllt werden kann. Insgesamt sollen die geplanten Neuerungen für mehr Klarheit, Kontrolle und Qualität in der Ausbildung sorgen.
Im Bereich Arbeitsbedingungen hält man jedoch am aktuellen Rahmen fest: Ein Arbeitszeitmodell unter 55 Stunden pro Woche wird vom VBO in der Landwirtschaft als nicht realistisch betrachtet und die Mindestlohn-Richtlinie steht aktuell ebenfalls nicht im Fokus. Hier sieht der Liechtensteiner ArbeitnehmerInnenverband Handlungsbedarf – er fordert einen Gesamtarbeitsvertrag.