Folterverbot
2019 erstattete Liechtenstein letztmals Bericht an den Antifolter-Ausschuss unter dem Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (CAT). Im Berichtsjahr wurde dieser 5. Bericht nun vom Ausschuss geprüft und mit einer staatlichen Delegation besprochen. Im Juni 2024 veröffentlichte der Ausschuss 20 Empfehlungen - davon drei dringlich - an Liechtenstein zur besseren Umsetzung der Konvention Liechtenstein. Der Ausschuss stellt ausserdem fest, dass seine früheren Empfehlungen noch nicht vollständig umgesetzt worden sind. Über die Umsetzung der Empfehlungen muss Liechtenstein bei der nächsten Berichtlegung informieren. Zur Umsetzung der drei dringlichen Empfehlungen muss Liechtenstein bereits bis am 10. Mai 2025 schriftlich berichten.
Verjährung von Folter
Neben verschiedenen Empfehlungen im Zusammenhang mit Freiheitsentzug und Inhaftierung (siehe Kapitel „Haft“), erachtet es der Ausschuss als dringlich, dass im Strafgesetzbuch ein angemessenes Strafmass für Folterhandlungen gesetzt wird und die Verjährung von Folter abgeschafft wird, sodass Tatpersonen nicht straflos ausgehen können.
Die Verjährung für Folter im Strafgesetzbuch abschaffen und angemessene Strafen einführen.
Verfahrensrechte
Der Anti-Folter Ausschuss zeigt sich besorgt darüber, dass in Liechtenstein polizeiliche Vernehmungen nicht systematisch per Audio- oder Videoaufzeichnung dokumentiert werden und dass Jugendliche ohne Vertrauensperson oder Rechtsbeistand verhört werden können, wobei sie selbst einen entsprechenden Antrag stellen müssen. Er empfiehlt, solche Aufzeichnungen als Standard einzuführen, sicher zu speichern und allen Verfahrensbeteiligten zugänglich zu machen sowie sicherzustellen, dass Jugendliche bei Vernehmungen immer automatisch Zugang zu einer Vertrauensperson und einem Rechtsbeistand haben, ohne dies selbst beantragen zu müssen.
Audio- oder Videoaufzeichnungen bei allen polizeilichen Vernehmungen machen. Minderjährigen bei Vernehmungen in jedem Fall und automatisch eine Vertrauensperson und einen Rechtsbeistand stellen.
Unabhängiger Überwachungsmechanismus
Auch wenn seit Jahren keine Fälle von Folter und Missbrauch dokumentiert worden sind, vermisst der Ausschuss einen unabhängigen Mechanismus im Land, der bei entsprechenden Vorwürfen in Aktion tritt und befugt ist, diese zu untersuchen. Dies ist in Art. 12 und 13 der Konvention vorgesehen. Eine innerpolizeiliche Arbeitsgruppe, wie sie geschaffen wurde, sieht er nicht nur als ungeeignet, sondern als kontraproduktiv dafür an, da es keine institutionellen oder hierarchischen Beziehungen zwischen den Ermittelnden und den mutmasslichen Tatpersonen geben darf.
Abgesehen davon hat Liechtenstein gemäss Artikel 3 des Zusatzprotokolls zur Antifolterkonvention (OPCAT) den Nationalen Präventionsmechanismus (NPM) geschaffen, der präventiv tätig wird, indem er systematisch Orte mit Freiheitsentzug besucht. In Artikel 17 bis 23 des Protokolls sind die Merkmale und Befugnisse dieses Mechanismus festgelegt: Der Mechanismus muss unabhängig von Regierung, Verwaltung und Justiz arbeiten und darf keinen politischen oder institutionellen Weisungen unterliegen. Er muss auf einer rechtlichen Grundlage basieren, seine Mitglieder müssen transparent und auf fachlicher Basis bestellt werden und er muss über ausreichend Personal, Budget und Expertise verfügen. Er muss ungehinderten und unangekündigten Zugang zu allen Orten der Freiheitsentziehung erhalten und regelmässig aus eigener Initiative an Regierung, Parlament und Öffentlichkeit berichten.
Der Nationale Präventionsmechanismus in Liechtenstein wird seit seiner Schaffung 2006 über die Strafvollzugskommission der Regierung umgesetzt. D.h. der Mechanismus und die Strafvollzugskommission sind personell identisch besetzt. Das Mandat der Strafvollzugskommission ist in Art. 17 des Strafvollzugsgesetzes geregelt. Zwar ist diese Kommission ebenfalls unabhängig und weisungsungebunden, jedoch gelten ihre Mitglieder als Beamte, werden formell von der Regierung bestellt und sind der Regierung berichterstattungspflichtig. Es wäre daher zu prüfen, ob eine identische Besetzung von NPM und Strafvollzugskommission mit dem Zusatzprotokoll der Konvention vereinbar ist oder ob die beiden Kommission getrennt werden müssten. In diesem Zug könnte auch geprüft werden, ob allenfalls der NPM zusätzlich die Funktion eines unabhängigen Mechanismus zur Prüfung von Foltervorwürfen gemäss Art. 12 und 13 CAT erhalten könnte.
Eine unabhängige Stelle zur Untersuchung von Folter schaffen.