Aufarbeitung Covid-Massnahmen
Seit Ende der Covid19-Pandemie beleuchteten sieben Evaluationen des Liechtenstein-Instituts den Pandemieverlauf, das Krisenmanagement, die Sicht von Gesellschaft, Politik und Verwaltung auf die getroffenen Massnahmen, rechtliche Aspekte, schulische Auswirkungen sowie wirtschaftliche Stützungsmassnahmen. Eine von der Regierung beim Institut für Epidemiologie Biostatistik und Prävention der Universität Zürich in Auftrag gegebenen Studie zu den medizinischen und wissenschaftlichen Aspekten der Massnahmen während der Covid-19-Pandemie in Liechtenstein wurde im Juli 2024 veröffentlicht. Die Studie bewertete neun Massnahmen, darunter Maskenpflicht, Schulschliessungen und Impfungen, hinsichtlich ihrer Vor- und Nachteile basierend auf aktueller medizinischer und wissenschaftlicher Evidenz. Er kommt zum Schluss, dass die medizinischen Massnahmen der liechtensteinischen Regierung in der Frühphase der Pandemie, also vor der Verfügbarkeit von Impfstoffen, weitgehend im Einklang mit der wissenschaftlichen Evidenz standen. Die Impfungen selbst werden als sehr vorteilhaft bewertet. Auch das Tragen von Masken, allgemeine Hygienemassnahmen, Kontaktreduktionen sowie Quarantäne- und Isolationsregelungen trugen gemäss Bericht nachweislich zur Eindämmung der Virusverbreitung bei. Kritischer fällt die Bewertung der Schulschliessungen aus, die – obwohl in Liechtenstein kürzer als in anderen Ländern - nach heutigem Wissen mehr Schaden als Nutzen verursachten. Ihre negativen Auswirkungen auf Bildung und psychosoziale Entwicklung wogen schwerer als der epidemiologische Effekt. Auch für die Zeit nach Einführung der Impfstoffe sieht der Bericht stärkere Abweichungen zwischen politischem Handeln und medizinischer Evidenz: Massnahmen wie umfassende Versammlungsverbote oder Reisebeschränkungen hätten differenzierter abgewogen werden sollen, da ihr Nutzen abnahm, während ihre sozialen und wirtschaftlichen Nachteile zunahmen. Der Bericht klärt nicht die Frage nach der politischen und rechtlichen Verhältnismässigkeit der Massnahmen. Der VMR hatte eine diesbezügliche Bewertung insbesondere mit Blick auf die Auswirkungen für besonders verletzliche Gruppen angeregt. Er hatte während der Pandemie die fehlenden Schutzmassnahmen und Entschädigungen für Care-Migrantinnen und -migranten in der häuslichen Betreuung und das unverhältnismässige und anhaltende Kontaktverbot im Landesgefängnis kritisiert.