
Kinder und Jugendliche
Selbstverständlich gelten Menschenrechte auch für Kinder. Da Kinder jedoch besonders viel Schutz brauchen, gibt es zusätzlich noch spezielle Kinderrechte. So hat jedes Kind ein Recht darauf, gesund und sicher aufzuwachsen, sich bestmöglich zu entwickeln, angehört und ernst genommen zu werden.
Diese Rechte sind weltweit in der Konvention der Vereinten Nationen über die Kinderrechte festgeschrieben. Liechtenstein hat die Kinderrechtskonvention Ende 1995 ratifiziert. Sie gilt in Liechtenstein seit Anfang 1996. In Liechtenstein ist die Ombudsstelle für Kinder und Jugendliche (OSKJ) beim Verein für Menschenrechte (VMR) die Monitoringstelle zur Umsetzung der Kinderrechte und Anlauf- und Beschwerdestelle in Kinder- und Jugendfragen.
Die UN-Kinderrechtskonvention (kinderfreundliche Fassung)
Kinder- und Jugendbericht 2011
UN-Kinderrechtskonvention - Übereinkommen über die Rechte des Kindes
Kinder- und Jugenddienst des Amtes für Soziale Dienste
Kinderrechte – Kinder- und Jugenddienst des Amtes für Soziale Dienste
Kinderfreundliche Gemeinden | unicef.ch

Helen Konzett
Ombudsperson für Kinder und Jugendliche (OSKJ)
Fachbereich Kinder und Familien
Schutz und Förderung von Kinderrechten in Liechtenstein
Kinderrechte sind vor allem in der UNO-Kinderrechtskonvention verankert. Sie wurde 1990 verabschiedet, Liechtenstein hat sie 1995 ratifiziert. Deren Bestimmungen sind zu einem grossen Teil im Kinder- und Jugendgesetz (KJG) von 2009 verankert worden. Das unterstreicht ihre Bedeutung für Liechtenstein. In der UNO-Kinderrechtskonvention werden vor allem die Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen gestärkt. Sie ist mit 193 Vertragsstaaten das erfolgreichste internationale Menschenrechtsübereinkommen überhaupt.
Zahlreiche staatliche und nichtstaatliche Organisationen setzen sich für die Umsetzung dieser Rechte ein, darunter der Kinder- und Jugenddienst im Amt für Soziale Dienste, das Schulamt, die OSKJ unter dem Dach des VMR sowie die Vernetzungsgruppe der Kinderlobby Liechtenstein.
Der VMR empfiehlt: Liechtenstein soll...
... die dringenden Empfehlungen des Kinderrechtsausschusses koordiniert umsetzen, insbesondere die Schaffung von Strategien zur Gewaltprävention und zur Inklusion von Kindern mit Behinderungen.
Kinderbericht zum 3./4. Länderbericht Liechtensteins zur Umsetzung der KRK
Alternativbericht zum 3./4. Länderbericht Liechtensteins zur Umsetzung der KRK
UN-Kinderrechtskonvention - Übereinkommen über die Rechte des Kindes
Kinderrechte – Berichterstattungen - Amt für Auswärtige Angelegenheiten
Kinder- und Jugenddienst des Amtes für Soziale Dienste
Kinderrechte – Kinder- und Jugenddienst des Amtes für Soziale Dienste
UNICEF Schweiz und Liechtenstein
Kinderrechte aus Kinder- und Jugendsicht | unicef.ch
Gesundheit
Sowohl das Kinder- und Jugendgesetz als auch die UN-Kinderrechtskonvention fordern für Kinder und Jugendliche das höchste erreichbare Mass an Gesundheit. Dazu gehören geeignete Massnahmen was sowohl die physische als auch die psychische Gesundheit betrifft.
Damit kann frühestmöglich und auf nachhaltige Weise Gesundheit gefördert und erhalten werden. Hierzu gehören auch staatliche Präventions- und Fördermassnahmen zur psychischen Gesundheit. Kinder und Jugendliche sollen gesund und unbelastet aufwachsen und sich entfalten können. Deshalb setzt sich die OSKJ für ein kinder- und jugendgerechtes Psychiatriekonzept ein.
Der VMR empfiehlt: Liechtenstein soll...
... Präventionsprogramme zur Stärkung der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen, mit Schwerpunkt auf benachteiligte Kinder und Jugendliche, entwickeln.
Schutz vor sexuellem Missbrauch und Gewalt
Sexuelle Gewalt ist eine besonders schwere Form von Gewalt gegen Kinder und Jugendliche. Seit März 2023 gelten in Liechtenstein verschärfte Strafbestimmungen: Das Mindeststrafmass bei Missbrauch wurde erhöht, Besitz und Verbreitung kinderpornografischen Materials strenger geahndet, und bei schwerem Missbrauch ist eine bedingte Strafnachsicht ausgeschlossen. Prävention, Aufklärung und institutionelle Schutzmaßnahmen wie Schulungen und klare Meldestrukturen sind weiterhin zentral. Zivilgesellschaftliche Organisationen und der UNO-Kinderrechtsausschuss fordern eine nationale Strategie mit Bildungsprogrammen und einer Datenbank zu Gewaltfällen.
Mobbing belastet Kinder und Jugendliche ebenfalls stark. Es kann in der Schule, im Sportverein oder online auftreten, etwa durch Beleidigungen, Ausgrenzung oder Spott. Cybermobbing verbreitet sich besonders schnell, Täter:innen können anonym bleiben. Betroffene sollten sich vertrauensvollen Personen anvertrauen, Beobachtende Mobbing melden. Unterstützung bieten Beratungsstellen oder die Ombudsstelle für Kinder und Jugendliche (OSKJ).
Rechtliches Gehör und kinderfreundliche Justiz
Kinder haben das Recht, bei Entscheidungen, die sie betreffen, gehört zu werden – in Familie, Schule, Gemeinschaft und Justiz. Das gilt z. B. bei Scheidungs-, Sorgerechts-, Pflegschafts- oder Adoptionsverfahren sowie in Strafverfahren. Der UNO-Kinderrechtsausschuss fordert Liechtenstein auf, die Mitwirkungsrechte von Kindern zu stärken.
Eine kinderfreundliche Justiz berücksichtigt die Rechte, Bedürfnisse und das Wohl von Kindern. Sie sorgt dafür, dass Kinder altersgerecht informiert, begleitet und vor zusätzlichen Belastungen geschützt werden. Dazu gehören verständliche Sprache, Schutz der Privatsphäre, spezialisierte Fachkräfte, kindgerechte Anhörungsräume und Schulungen für Gerichte, Anwaltschaft und Sozialdienste.
Guidelines of the Committee of Ministers of the Council of Europe on child-friendly justice
Kinder- und Jugendgesetz (KJG)
Unicef: Kindesanhörung im Zivilrecht. Information für Kinder und Jugendliche
Unicef: Die Kindesanhörung in zivilrechtlichen Verfahren
Unicef: Partizipation und Anhörung von Kindern im Asylverfahren
Unicef: Partizipation und Anhörung von Kindern im Asylverfahren
Jugendhaft
Wenn Jugendliche in Haft kommen, ist es oft die letzte Massnahme, welche die Behörden mangels milderer Alternativen treffen müssen. Auch in der Haft müssen die Rechte von Jugendlichen besonders geschützt werden. Der Europarat hat dazu Regeln aufgestellt, an die sich auch Liechtenstein halten muss. Darin wird betont, dass Haft nur das letzte Mittel sein sollte und so kurz wie möglich dauern muss. Zu ihrem Schutz sollen Jugendliche getrennt von inhaftierten Erwachsenen untergebracht werden. Die Behörden müssen die Gesundheit der inhaftierten Jugendlichen, auch die psychische Gesundheit, bestmöglich schützen. Dazu dient auch eine gute Tagesstruktur in Haft. Bildung, Freizeitangebote und Besuche von Familie und Rechtsbeistand müssen in der Haft möglich sein. Gewalt oder diskriminierende Behandlung sind strikt verboten.
In Liechtenstein wird die Jugendhaft im Jugendgerichtsgesetz und im Strafgesetz geregelt. Das Mindestalter für eine Haft liegt bei 14 Jahren. Es gibt in Liechtenstein kein Jugendgefängnis. Die Jugendlichen werden zuerst zur Untersuchungshaft ins Landesgefängnis gebracht. Danach wird ein Haftplatz in einem Jugendgefängnis in der Schweiz oder in Österreich gesucht. Im Landesgefängnis werden für Jugendliche besondere Massnahmen getroffen. Allerdings sind die Massnahmen nicht standardisiert oder schriftlich festgelegt, und sie werden auch nicht speziell überprüft. Der VMR fordert hier bessere Regelungen. Es gibt im Ausländergesetz auch eine ausländerrechtliche Haft für Jugendliche ab 15 Jahren. Sie wird in der Praxis aber nicht vollzogen, da sie der der UNO-Kinderrechtskonvention widerspricht.
Der VMR empfiehlt: Liechtenstein soll...
... die Arbeiten für ein Konzept zur Umsetzung eines Jugendstrafvollzugs im Inland schnell abschliessen und die ausländerrechtliche Haft für Personen unter 18 Jahren abschaffen.
Kindswohlgefährdungen bei Trennungskonflikten
Scheidungs-, Obsorge-, Unterhalts- und Besuchsrechtsstreitigkeiten können Kinder stark belasten und das Kindswohl gefährden. Auch seit Einführung der gemeinsamen Obsorge als Regelfall 2015 funktionieren Regelungen bei hochstrittigen Trennungen oft nicht.
Konflikte können sich verschärfen, und gerichtliche Entscheidungen berücksichtigen nicht immer ausreichend die Sicherheitsbedürfnisse der Kinder. Der UNO-Kinderrechtsausschuss und internationale Expert:innen betonen, dass solche Situationen traumatisierend wirken. Sie sind als Form der Gewalt gegen Kinder anerkannt.
Es ist wichtig, schnell gute Lösungen zu finden, die das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt stellen. Dazu müssen Behörden und Organisationen eng zusammenarbeiten, um Streitfälle früh zu entschärfen und eine faire Einigung zu ermöglichen.
Der VMR empfiehlt: Liechtenstein soll...
... die Empfehlungen der Arbeitsgruppe Obsorge von 2023 zur Revision des Kindschaftsrechts umsetzen. Insbesondere die Einführung einer verpflichtenden und angeordneten Elternberatung und eine stärkere Berücksichtigung des Kindeswohls und Kindeswillens bei Verfahren zu Scheidung, Obsorge und Besuchsrecht.
Chancengleichheit bei Berufsausbildungsplätzen
Alle Kinder haben ein Recht auf Bildung und gleiche Chancen – auch beim Zugang zur Berufsausbildung. Besonders Jugendliche mit Beeinträchtigungen sind darauf angewiesen, dass passende Ausbildungswege offenstehen. In Liechtenstein gibt es jedoch grosse Lücken beim Angebot der zweijährigen BA-Lehren, die praxisnah sind und sich auch für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen eignen.
Um echte Chancengleichheit zu schaffen, braucht es mehr BA-Lehrstellen. Staat, Gemeinden und öffentliche Betriebe könnten hier mit gutem Beispiel vorangehen und gemeinsam mit der Privatwirtschaft neue Ausbildungsplätze schaffen.
Der VMR empfiehlt: Liechtenstein soll...
... gezielte Massnahmen ergreifen, um die Anzahl der BA-Lehrstellen zu erhöhen. Dabei die Landesverwaltung, die Gemeinden und die staatsnahen Betriebe als Vorreiter vorsehen.
Digitalisierung und Jugendschutz
Die Digitalisierung der Gesellschaft macht auch vor Kindern und Jugendlichen nicht halt. Damit einher gehen der Datenschutz und verschiedene weitere Themen, aber insbesondere der Jugendschutz. Gemäss Artikel 16 und 17 der Kinderrechtskonvention haben Kinder und Jugendliche das Recht auf Privatsphäre und auf Schutz vor Informationen und Materialien, die ihrem Wohl abträglich sind. Das betrifft auch digitale Geräte und Kommunikationsmittel.
Gerade an Schulen werden immer mehr digitale Geräte an die Schülerinnen und Schüler abgegeben und eingesetzt, ob Tablet, Laptop oder ein gemeinsamer Chat über das Handy. Grundsätzlich ist gegen einen Einsatz digitaler Geräte an Schulen zur Förderung der Medienkompetenz, o.ä. nichts einzuwenden, solange der Einsatz altersgerecht, lehrreich und förderlich ist. Es muss allerdings sichergestellt werden, dass Altersbeschränkungen und datenschutzrechtliche Vorgaben eingehalten werden - und der Schutz vor schädlichen, nicht altersgerechten Inhalten gewahrt bleibt.
Der VMR empfiehlt: Liechtenstein soll...
... sofortige Massnahmen ergreifen, um den Kinder- und Jugendschutz bei der unbegleiteten Nutzung digitaler Schulgeräte sicherzustellen.
Haben Sie Fragen zu den Menschenrechten? Wurden Ihre Menschenrechte verletzt? Haben Sie Menschenrechts-Verletzungen beobachtet? Dann wenden Sie sich an uns.