
Menschenrechtsschutz
Menschenrechte können eingeklagt werden. Wie bei anderen Rechtsverletzungen ist eine Anzeige bei der Polizei der erste Schritt. Nicht alle Menschenrechte sind aber direkt einklagbar und manchmal ist der rechtliche Weg nicht der einzig mögliche. Beratungsstellen können helfen, die Situation einzuordnen.
Der Verein für Menschenrechte nimmt alle Menschenrechtsanliegen entgegen. Er berät und unterstützt Personen, die Menschenrechtsverletzungen erfahren oder beobachtet haben. Weitere Beratungsstellen sind die Opferhilfestelle, das Frauenhaus, die infra, der Verein für Männerfragen, der Behindertenverband oder integration.li. Sie alle bieten Rechtsberatung und in bestimmten Fällen auch Rechtsvertretung für Betroffene an. Sie haben nur sehr beschränkte Verbandsbeschwerderechte, sodass eine betroffene Person immer in eigenem Namen Beschwerde führen muss.
Durch die Verfahrenshilfe ist garantiert, dass auch dann ein Rechtsverfahren geführt werden kann, wenn keine finanziellen Mittel vorhanden sind. Allerdings muss diese Verfahrenshilfe wieder zurückbezahlt werden, wenn die finanzielle Möglichkeit besteht.
Wenn die Rechte der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verletzt wurden, ist der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) zuständig. Einzelpersonen können dort Klage erheben. Dafür müssen jedoch zuvor alle nationalen Rechtsmittel ausgeschöpft worden sein. Dann kann innert sechs Monaten eine Klage vor dem EGMR eingereicht werden.
Bei Menschenrechten, die in internationalen Übereinkommen garantiert werden, können sich betroffene Personen an die zuständigen Überwachungsausschüsse der Vereinten Nationen wenden. Auch dort gilt mit wenigen Ausnahmen: der Rechtsweg im eigenen Land muss bereits abgeschlossen sein. Ausserdem muss das Land die Zuständigkeit der Ausschüsse anerkennen. Die Ausschüsse prüfen Verletzungen und geben Empfehlungen an den Staat zur Beseitigung der Verletzung ab. Die Empfehlungen der Ausschüsse sind jedoch nicht verbindlich durchsetzbar.
Liechtenstein hat das Einzel-Beschwerderecht zu folgenden Übereinkommen akzeptiert: Pakt über bürgerliche und zivile Rechte, Kinderrechtskonvention, Frauenrechtskonvention, Anti-Rassismuskonvention, Antifolterkonvention. Nicht von Liechtenstein anerkannt ist das Einzel-Beschwerderecht unter der Behindertenrechtskonvention.
Der VMR empfiehlt: Liechtenstein soll...
... die gesetzlichen Regelungen zum Opferschutz überarbeiten, sodass Opfer keine Verfahrenshilfe zurückzahlen müssen.
... ein Verbandsbeschwerderecht im Menschenrechtsbereich für anerkannte Organisationen und Verbände einführen.
Menschenrechtsbildung
Menschenrechtsbildung fördert das Verständnis für grundlegende Rechte und Freiheiten. Sie stärkt das Bewusstsein für Gleichberechtigung, Toleranz und Respekt und trägt zu einem verantwortungsbewussten und rücksichtsvollen Zusammenleben bei.
Der VMR führt zusammen mit dem aha und Amnesty International Schweiz seit Jahren Menschenrechts- und Toleranzworkshops an den weiterführenden Schulen durch. In den Workshops lernen Schülerinnen und Schüler die Grundlagen der Menschenrechte, den Umgang mit Vorurteilen und Diskriminierungen. Sie erfahren, wie Menschenrechte eingefordert und verteidigt werden können und welche Anlaufstellen es in Liechtenstein gibt.
Staatliche Verpflichtungen zum Menschenrechtsschutz
Die Verpflichtung, alle Menschen vor Menschenrechtsverletzungen zu schützen, liegt beim Staat. Er ist dafür zuständig, dass die Gesetze, die Politik und die Behördenpraxis menschenrechtlich ausgestaltet sind und für alle Menschen auf seinem Territorium gleichermassen angewendet werden.
Ob Liechtenstein diesen Verpflichtungen nachkommt, prüfen verschiedene Expertengremien, die unter den völkerrechtlichen Verträgen von UNO oder Europarat eingesetzt worden sind. Die regelmässigen Besuche, Berichte und Empfehlungen internationaler Expertengremien der UNO und des Europarats sind von unschätzbarem Wert für Liechtenstein, da sie unabhängige, fundierte und vergleichbare Bewertungen zur Umsetzung der Menschenrechte liefern und so gezielte Verbesserungen ermöglichen. Durch ihre Empfehlungen fördern sie die stetige Weiterentwicklung der Menschenrechte. Der regelmässige Austausch mit diesen Expertengremien fördert und bereichert die innerstaatliche Zusammenarbeit sowie den Wissenstransfer zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Fachstellen, wodurch Synergien für den Menschenrechtsschutz entstehen. Ohne diese externen Impulse würde der Fortschritt im Menschenrechtsschutz wesentlich langsamer und weniger effektiv verlaufen.
Für die Umsetzung der Empfehlungen internationaler Menschenrechtsgremien an Liechtenstein und die Koordination der Datensammlung und Berichterstattung an diese Gremien besteht seit 2019 eine verwaltungsinterne Arbeitsgruppe unter der Leitung des Amts für Auswärtige Angelegenheiten. Die Arbeitsgruppe hat ausserdem den Auftrag, sich mit verwaltungsexternen Institutionen und Organisationen auszutauschen, die für die Umsetzung der Menschenrechte in Liechtenstein zentral sind, namentlich Organisationen aus der Zivilgesellschaft sowie privatwirtschaftliche Akteure.
Die Prozesse der Arbeitsgruppe zur Umsetzung der Empfehlungen sind nicht bekannt. Die Datenbank, welche alle internationalen Empfehlungen sammelt und den Umsetzungsstand festhält, ist ebenfalls nicht öffentlich zugänglich. Der Einbezug der Zivilgesellschaft ist nicht institutionalisiert.
Der VMR empfiehlt: Liechtenstein soll...
... Führungsverantwortung bei der Weiterverfolgung und Priorisierung von Empfehlungen internationaler Menschenrechtsgremien übernehmen. Ein transparentes Verfahren zur Umsetzung schaffen, das alle Beteiligten, einschliesslich die Zivilgesellschaft, einbezieht.
Haben Sie Fragen zu den Menschenrechten? Wurden Ihre Menschenrechte verletzt? Haben Sie Menschenrechts-Verletzungen beobachtet? Dann wenden Sie sich an uns.