5 - Covid19 und Menschenrechte

Die Covid-19-Pandemie erforderte verschiedene staatliche Massnahmen zum Schutz der Bevölkerung. Solche Schutzmassnahmen sind als staatliche Aufgabe in Art. 12 des Internationalen Pakts über die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte (Pakt I) verankert. Der Staat wird darin aufgefordert, die erforderlichen Massnahmen zur Vorbeugung, Behandlung und Bekämpfung epidemischer Krankheiten zu treffen. Bestimmte Massnahmen schränkten aber die Grundrechte der Menschen ein. Solche Einschränkung sind nur unter bestimmten Bedingungen erlaubt. Sie müssen:

  • eine rechtliche Grundlage haben;
  • zeitlich klar befristet sein;
  • verhältnismässig sein;
  • nichtdiskriminierend sein.

Die Massnahmen müssen regelmässig auf ihre Wirksamkeit und Notwendigkeit überprüft werden und die Bevölkerung muss darüber aktuell und transparent informiert werden. Es müssen flankierende Massnahmen getroffen werden, um negative Auswirkungen der Massnahmen abzufedern.

Liechtenstein handelte bei der Bekämpfung der Pandemie gestützt auf das Schweizerische Epidemiengesetz (EpG), das durch den Zollvertrag auch in Liechtenstein gilt. Wie das Urteil des Staatsgerichtshofs vom 10. Mai 2022 zeigte, reicht diese Grundlage nicht für die Einführung von Zugangsbeschränkungen für ungeimpfte Personen (2G-Regel). Für  eine solche Freiheitsbeschränkung ist eine zusätzliche nationale rechtliche Grundlage notwendig.

In Zeiten der Krise gilt es speziell den Blick aus menschenrechtlicher Sicht insbesondere auf besonders verletzliche Personengruppen zu richten und entsprechend begleitende Massnahmen zu treffen.

Nach Ende der Pandemie gab die Regierung eine unabhängige wissenschaftliche Aufarbeitung der Pandemiebewältigung in Auftrag. Der VMR empfahl, im Rahmen dieser Aufarbeitung auch die menschen- und verfassungsrechtliche Konformität der Massnahmen zu überprüfen. Das Ergebnis der Studie wird auf Frühling 2023 erwartet.

In der Kurzstudie „Die Rolle des Landtages in der Coronapandemie“ vom 29. November 2021 kam das Liechtenstein Institut zum Schluss, dass die parlamentarischen Rechte während der Pandemie nicht eingeschränkt waren, der Rechtsstaat funktionierte und der Landtag seine Kontrollfunktion gegenüber der Regierung und seine mit den öffentlichen Debatten einhergehende Kommunikationsfunktion ausüben konnte.

Die im Frühling 2022 veröffentlichte Umfrage des Bildungsministeriums und des Schulamts bei Schülerinnen und Schülern, Lehrpersonen und Eltern zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie kam zum Schluss, dass sich die Schülerinnen und Schüler durch die vergleichsweise zurückhaltenden Regierungsmassnahmen nicht so stark belastet zeigten, wie in den Nachbarländern, dass aber mit der Dauer der Pandemie die negativen Auswirkungen auf das Wohlbefinden zunahmen. Insgesamt 13 Prozent der Schülerinnen und Schüler auf Primarstufe und acht Prozent auf der Sekundarstufe litten gemäss eigenen Aussagen sehr stark unter der Pandemiesituation, insbesondere Mädchen bzw. junge Frauen aus fremdsprachigen Haushalten. Die negativen Auswirkungen betrafen nicht nur schulische Aspekte wie Konzentrationsmängel, Motivationsprobleme, oder Verhaltensänderungen, sondern auch ausserschulische Aspekte wie fehlende Sozialkontakte oder unsichere Zukunftsaussichten (siehe dazu Kapitel psychische Gesundheit von Jugendlichen). Insgesamt bewerteten ein gutes Drittel der Schülerinnen und Schüler sowie ein schwaches Drittel der Eltern die Corona-Massnahmen als (eher) übertrieben. Während eine klare Mehrheit der Lehrpersonen einen zunehmenden Arbeitsaufwand sowie stärkere fachliche, didaktische und psychische Belastungen durch die Coronapandemie angaben, kritisierte nur eine Minderheit von 14 Prozent die Massnahmen als zu scharf.

Informationen der Liechtensteiner Behörden:

Wissenschaftliche Publikationen des Liechtenstein Instituts:

Rechtsprechung:

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