Herausforderung Armut in Liechtenstein

22.04.2021

Ziel der qualitativen Forschung war es herauszufinden, wie sich Armut in Liechtenstein zeigt und welches die damit verbundene Herausforderungen für Einzelpersonen und die Soziale Arbeit sind. Dafür hat Lisa Hermann neben einer historischen und theoretischen Einführung mit armutsbetroffenen Personen und Fachpersonen aus sozialen Organisationen in Liechtenstein gesprochen.

Herausforderungen für armutsbetroffene Personen

Im Zentrum standen die Herausforderungen, mit denen Betroffene in Liechtenstein zu kämpfen haben. Die befragen Personen berichten von zahlreichen Einschränkungen und Herausforderungen in ihrem Leben, nicht nur im finanziellen Bereich. Die Erlebnisse der armutsbetroffenen Personen und die Aussagen der Fachpersonen zeigen, wie vielschichtige Armut ist. Armut ist mehr als finanzielle Not. Sie zeigt sich auch in Form von finanziellen, sozialen oder emotionale n Abhängigkeiten, Einschränkungen in der Selbstbestimmung und der finanziellen Vorsorge, fehlenden gesellschaftlichen Teilhabe, Stigmatisierung sowie Belastungen für die physische und psychische Gesundheit.

Stigmatisierung und Scham

Stigmatisierung und Scham spielen im Zusammenhang mit Armut eine grosse Rolle. Vielen Menschen schämen sich, Hilfeleistungen zu beziehen, auf die sie eigentlich Anspruch haben. Dagegen ermutigt Andreas Hoop, Leiter des Sozialen Dienstes des Amtes für Soziale Dienste im Gespräch mit Lisa Hermann: „Wer Anspruch auf Sozialhilfe hat, soll den Anspruch auch geltend machen. Und zwar vom Zeitpunkt des Anspruches an. Trotzdem verstehe ich die Situation und dass es manchmal nicht einfach ist. Niemand möchte gerne in einer solchen Situation sein.

Armut hat viele Ursachen. Unverhoffte Ereignisse, wie Scheidung, Krankheit, Arbeitsverlust, etc. können zu Armut führen. Weitere Gründe für Armut sind beispielsweise, Alleinerziehung, erschwerte Berufschancen, Nichterwerbsarbeit, Niedriglohnsegment, Erwerbslosigkeit, Migrationshintergrund, fehlendes soziales Umfeld, oder Sucht.

Armut oft nicht sichtbar

Alle befragten Personen sind sich einig, dass es in Liechtenstein Armut gibt, wenn auch nicht absolute Armut. Besonders die armutsbetroffenen Personen berichten von zahlreichen Einschränkungen und Herausforderungen in ihrem Leben. Trotz unterschiedlicher Auslöser steht Armut immer mit Belastungen und Herausforderungen für die Betroffenen in Verbindung. Armut in Liechtenstein ist aufgrund unterschiedlicher Faktoren nicht immer klar ersichtlich – allen voran deren Stigmatisierung. So unterlassen Betroffene Handlungen, um nicht mit Armut in Verbindung gebracht zu werden. So bezieht eine befragte Person bspw. trotz Berechtigung keine vergünstigten Lebensmittel, da ihr das peinlich sei.

Handlungsempfehlungen und Armutsbericht

Neben der Situationsanalyse finden sich im Bericht auch mögliche Vorschläge für die Verbesserung des Wohlbefindens und der Hilfeleistungen für Betroffene. Darin wird beispielsweise die Schaffung einer niederschwelligen Beratungsstelle, die vermehrte Zusammenarbeit in diesem Bereich aber auch die Problematik der Stigmatisierung von Armut innerhalb der Gesellschaft formuliert. Gleichzeitig fordert der VMR wie auch zum Beispiel die Caritas seit längerem eine Neuauflage des Armutsberichts von 2008.

Der vollständige Bericht kann hier heruntergeladen werden.